Arbeitsintegration mit der Brechstange wird nicht funktionieren

08.09.2025
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Berufliche und soziale Integration sind zusammen mit der Existenzsicherung die zentralen Aufgaben der Sozialhilfe. Innerhalb der letzten Jahre ging die Zahl der erwerbslosen Sozialhilfeempfänger stark zurück. Die Anbieter von Arbeitsintegrationsprogrammen stellten in der Folge fest, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer heute mit anderen, meist komplexeren Problemlagen in ihre Programme kommen. Die Frage, wie Personen mit eingeschränkter Arbeitsmarktfähigkeit eine Stelle im ersten Arbeitsmarkt finden können, rückt jetzt ins Zentrum.

In der politischen Diskussion wird das Thema der Arbeitsmarktintegration aktuell in erster Linie im Zusammenhang mit Geflüchteten geführt. Der Bundesrat hatte Ende 2023 das Ziel gesetzt, dass 40 Prozent aller Personen mit Status S bis Ende 2024 eine Arbeitsstelle haben sollen. RAV und Sozialhilfe sollen dafür enger zusammenarbeiten und dadurch schneller integrieren. Nach den Sommerferien 2024 präsentierte eine Gruppe von Experten Sparvorschläge, die unter anderem die Kürzung der Globalpauschalen des Bundes an die Kantone für die Existenzsicherung von Geflüchteten vorsieht. Bereits im Jahr 2028 sollen so fast 700 Millionen gespart werden. Damit soll gemäss Bericht «der Anreiz der Kantone für eine rasche Integration in den Arbeitsmarkt erhöht werden».

Seither  wurden auf nationaler und kantonaler Ebene Konzepte verabschiedet und Impulstagungen durchgeführt, neue Programme lanciert und die Anzahl Sprachkurse erhöht. Das 40-Prozent-Ziel für Personen mit Status S wurde dennoch klar verfehlt. Für die Fachleute der Integration und der Sozialhilfe kommt das nicht überraschend. Viele der Ideen, die diskutiert, intensiviert oder neu lanciert wurden, sind nicht neu.

Bekannte Pilotprojekte wie die Anfang 2010-er Jahre lancierte «Pforte Aargau» oder der «Pôle Insertion +» in Fribourg, aber auch die seit fünf Jahren laufende Integrationsagenda haben viel Erfahrungswissen geliefert. Die Herausforderungen, die es bei der Arbeitsintegration und der Zusammenarbeit von verschiedenen Systemen zu bewältigen gilt, sind bekannt, aber noch nicht gelöst. Dennoch gibt es auch Chancen und offene Türen, vor allem dort, wo sich engagierte Mitarbeitende auf allen Seiten auf gemeinsame Ziele einigen und Hürden aus dem Weg räumen.

Die vom Bund festgelegten, ambitionierten Ziele im Bereich der Arbeitsintegration, bieten die Chance, der zuweilen etwas eingeschlafenen interinstitutionelle Zusammenarbeit neuen Schwung zu geben. Sie können auch den Entwicklungen in der Integrationsagenda weiteren Schub verleihen. Die Evaluationen der Integrationsagenda zeigen einen Anstieg der Erwerbsquoten bei Geflüchteten. Wenn aber versucht wird, Arbeitsintegration mit der Brechstange zu erzwingen, wird sie erst recht scheitern. Sich in einer neuen Kultur zurecht zu finden, die Sprache zu erlernen und Anschluss im Arbeitsmarkt zu finden, braucht Zeit. Bei den meisten mehr als vier Jahre. Ebenso braucht es Zeit und Ausdauer, eine Stelle zu finden, wenn gesundheitliche Probleme zu einem Jobverlust geführt haben. Damit dieser Weg weiter beschritten werden kann, braucht es das gemeinsame Commitment und die gemeinsame Finanzierung durch Bund und Kantone.

Markus Kaufmann,
Geschäftsführer SKOS