Mit einem begleiteten und fachorientierten Prozess soll der Entstehung von möglichen Enttäuschungen und Missverständnissen entgegengewirkt werden.
Brennpunkt Personalpolitik

Onboarding für neue Mitarbeitende

04.12.2022
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Am Anfang des Projekts für neu angestellte Sozialarbeitende stand die Tatsache, dass der Sozialbereich mit einem Fachkräftemangel sowie einer erhöhten Fluktuation zu kämpfen hat. Somit soll mit einem gezielten Onboarding dieser Fluktuation entgegengewirkt werden. Sowohl seitens der Mitarbeitenden als auch seitens der Arbeitgebenden.

Onboarding-Prozesse wurden in der Vergangenheit meist im Bereich des höheren Managements eingesetzt. Dabei lautet das Ziel, neue Mitarbeitende oder Führungspersonen umfassend in das neue Unternehmen zu integrieren, damit sich diese schnell in ihrem Umfeld zurechtfinden und kurzfristig ihre volle Kraft im neuen Job entfalten können. Durch ein gezieltes Onboarding soll sich eine verstärkte Bindung zum Arbeitsfeld wie auch zur Arbeitgeberin entwickeln und die vertrauensvolle Zusammenarbeit gestärkt werden. Damit soll auch einem schnellen Stellenwechsel entgegengewirkt werden.

Diese Wirkungen von Onboardings sollten mit der erarbeiteten Idee ins Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit übertragen werden. Dabei wurde auf drei Ebenen fokussiert: der Fachebene, der sozialen Ebene sowie der kulturellen Ebene.

Im Rahmen der Vorbereitungen für die Entwicklung des Onboardings für den Fachbereich Soziale Arbeit führte die eigens für dieses Angebot gegründete Firma «anstellunghochzwei» Interviews mit Fachpersonen, die kurz nach ihrem Start eine Organisation wieder verlassen hatten. Daraus konnte man lernen, dass die Gründe für einen baldigen Austritt oft sehr vielfältig sein können. Jedoch geht es häufig um unterschiedliche fachliche Auffassungen und Haltungen. Ausserdem sind es vielfach auch unterschiedliche Erwartungen und Ansprüche sowie der gegenseitige Umgang, die zum Wechsel bzw. zum Austritt aus einer Organisation führen. Ebenso war zu erkennen, dass es in verschiedenen Bereichen zu Missverständnissen oder unklaren Ansprüchen kommt, die kommunikativ nicht thematisiert oder ausgeräumt werden und schliesslich zum Entscheid des Austritts führen.

Mit einem begleiteten und fachorientierten Prozess soll der Entstehung von möglichen Enttäuschungen und Missverständnissen entgegengewirkt werden und sollen, wo notwendig, allfällige Übersetzungen und Klärungen geleistet werden. Dabei ist der Einsatz einer aussenstehenden Fachperson von Vorteil, da diese eine vermittelnde Position einnehmen kann.

In Absprache und gemeinsamer Entwicklung konnte das erarbeitete Vorgehen in Form eines Pilotversuchs mit den Sozialen Diensten Winterthur getestet werden. Dabei zeigten sich Themen, die sowohl auf Mitarbeitenden- als auch auf Leitungsebene zu beachten sind, insbesondere wenn verschiedene Teams bestehen und unterschiedliche Abteilungsleitende einbezogen werden. Hier ist vor allem eine hohe Transparenz aber ebenso eine starke Diskretion notwendig. Vor allem in der Rolle als Coach, wenn es den Austausch zwischen Arbeitnehmenden und Leitungsperson betrifft, aber auch was die Information an die Organisation angeht. Ohne verlässliche Kommunikationsregeln werden sich die am Prozess beteiligten Personen kaum auf diesen einlassen. Dies wurde besonders sichtbar, wenn im Vorgehen mit Gruppencoachings gearbeitet wurde.

Die Angebote der Firma anstellunghochzwei, die durch die socialdesign ag und die CM Integra GmbH getragen wird, liegen in den folgenden Bereichen:

  • Unterstützung bei der Personalrekrutierung
  • Unterstützung im Matching, inkl. Einsatz eines Matching-Tools
  • gezieltes Onboarding, einzeln oder mit Gruppen
  • Wissenstransfer, damit die Organisationen über mögliche erkannte Themen informiert sind

Rekrutierung, Matching, Onboarding, Wissenstransfer

In allen Bereichen geht es darum, zwischen beiden Partnern von Beginn an eine offene Kommunikation entstehen zu lassen und transparent darzulegen, welche Haltung die Organisation gegenüber ihren Mitarbeitenden einnimmt. So wird klar, worauf sich die Organisation ausrichtet und dass die umfassende Einmündung und die Entstehung einer starken gegenseitigen Bindung eine sehr hohe Zielsetzung bedeuten. Darauf wird bereits bei der Personalrekrutierung hingewiesen. So kann beispielsweise der externe Coach bereits in diesem Schritt miteinbezogen werden, damit im Anstellungsgespräch auf die Zielsetzungen des Onboardings hingewiesen werden kann.

Mit der externen Unterstützung im Bereich des Matchings soll eine externe Unterstützung bei der Abklärung von bestehenden Haltungen und der gegenseitigen Erwartungen vorhanden sein. Eine diesbezügliche Übereinstimmung ist entscheidend für ein erfolgreiches Arbeitsverhältnis. Mit dem Einsatz eines Matching-Tools können die Ausrichtungen und gegenseitigen Erwartungen und entsprechende Überschneidungen oder Differenzen sichtbar gemacht werden.

Das Onboarding selbst unterstützt die Einmündung in den Betrieb und in die bestehenden Aufgaben. Dabei wird phasenentsprechend von Coachee und Coach reflektiert, wie der Prozess der Einarbeitung verläuft, welche Themen anstehen und welche Fragen sich dabei stellen. Bei weiter reichenden Fragestellungen steht der Coach in Absprache mit dem Coachee und der Leitung für Klärungsfragen und vermittelnde Gespräche zur Verfügung. Dies aber nur in Absprache mit beiden Seiten und unter Einhaltung des Datenschutzes, auch gegenüber der Organisation. Die Coachings erfolgen über einen Zeitraum von sieben bis neun Monaten. Die Coachinginhalte betreffen reflexive Themen, können fachlicher Natur oder haltungsbezogen ausgerichtet sein.

Mit dem Wissenstransfer, dem vierten Angebot, werden die Organisationen auf Wunsch über festgestellte Themen und allfälliges Verbesserungspotenzial informiert, worauf bei der Einführung von neuen Mitarbeitenden zukünftig verstärkt geachtet werden könnte.

Gewonnene Erkenntnisse

Mit dem vorgestellten Verfahren ist es gelungen, Fachpersonen der Sozialen Arbeit auf dem Weg in ihre Anstellung bei den Sozialen Diensten Winterthur zu begleiten, sowohl berufseinsteigende als auch erfahrene Sozialarbeitende. Insgesamt entsprachen die durchgeführten Coachings einem Bedarf der Mitarbeitenden, wie diese im Rahmen der Rückmeldungen bestätigten. Auch konnte ein guter Nutzen für den Einstieg in die Organisation und für die Übernahme der Arbeiten erkannt werden. Auch die Leitenden sahen einen grossen Nutzen darin, mit den neuen Mitarbeitenden und den Abteilungsleitenden über den Bedarf sowie das Einführungsvorgehen und die dabei gemachten Erfahrungen zu reflektieren und zu sprechen. Dabei konnten anstehende Fragen geklärt oder konnte zu deren Klärung beigetragen werden, was die Sicherheit im Job und das Selbstvertrauen der Mitarbeitenden stärkt und damit zur gegenseitigen Vertrauensbildung beiträgt.

Andreas Dvorak
anstellunghochzwei